Ehrung für zwei unermüdliche Naturfreunde aus dem Eichsfeld
Stefan Sander und Lothar Wandt sind
seit 25 Jahren im Ehrenamt als Landschafts- und Naturführer aktiv. Über
ihre Arbeit berichten beide auf einer Ehrungsveranstaltung. Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Christine Bose vom 19.11.2021
Leinefelde (Eichsfeld).
Forstwirt Stefan Sander aus Küllstedt und Förster Lothar Wandt aus
Brehme haben eine Einladung erhalten. Am 23. November wird es in der
Verwaltung des Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal ausnahmsweise nicht
um ihre nächsten Aufgaben als Ehrenamtler gehen, sondern darum, sie zu
ehren, ihnen für ihren inzwischen 25-jährigen Einsatz zu danken. 1996
gehörten sie zu den insgesamt über zwanzig Interessierten, die am ersten
Naturparkführer-Lehrgang des 1992 gegründeten Naturparks erfolgreich
teilgenommen hatten. Die praktische Prüfung erfolgte in Form einer
Wanderung. Heute lautet die Bezeichnung der beiden leidenschaftlichen
Naturfreunde „Zertifizierter Landschafts- und Naturführer“ (ZNL). Der
Lehrgang fand in Küllstedt statt. Christina Tasch, damals Vorsitzende
der Verwaltungsgemeinschaft „Westerwald-Obereichsfeld“ mit Sitz in
Küllstedt und ebenfalls Teilnehmerin, hatte dies ermöglicht.
Von der ersten Gruppe sind heute nur noch Stefan Sander und Lothar Wandt
aktiv. Andere haben sich aus unterschiedlichen Gründen, wie auswärtigen
beruflichen Verpflichtungen, zurückgezogen oder sind leider schon
verstorben.
Wanderführer – das heißt nicht etwa, eine Gruppe zu begrüßen und
einfach loszuziehen. Die Menschen sollen sich, das betonen die beiden
Ehrenamtler, tatsächlich „abgeholt“ fühlen. So laufen sie die geplante
Strecke vorher ab, um beispielsweise zu prüfen, ob die Wege passierbar
sind, ob Holzeinschlag oder eingestürzte Bäume Hindernisse bilden.
Stefan Sander, der auch für geführte Fahrradtouren zuständig ist, muss
genau ermitteln, wo sich eine große Gruppe immer noch sicher fortbewegen
kann, wenn der Radweg endet. Weil unterwegs eine Rast eingeplant wird,
der Wunsch besteht, zwischendurch gemütlich beisammenzusitzen und
miteinander zu plaudern, gilt es Einkehr- oder Picknickmöglichkeiten
auszusuchen. Nicht immer scheint die Sonne vom strahlend blauen Himmel
auf mehr als zwanzig Wanderfreundinnen und -freunde. Da ist die
Erinnerung an eine Regen-Tour mit zwei Personen. Sie wurden nicht nach
Hause geschickt. 204 Personen hatten sich 2002 zur Themenwanderung „Auf
der Kanonenbahn“ eingefunden. Ein Rekord. Wer sich für eine geführte
Wanderung entscheidet, will nicht nur vom Start zum Ziel begleitet
werden. Sich selbst ständig zu informieren, um diese Informationen
weitergeben zu können, gehört deshalb für die Wanderführer dazu:
Informationen über das Grüne Band, über die angesteuerten Orte, über
deren Geschichte und Gegenwart, über Besonderheiten. Stefan Sander hat
sich darüber hinaus für das Einbeziehen der Eichsfelder Historie und für
Sagen entschieden. Lothar Wandt ist spezialisiert auf die Flora des
Waldes. Stets handeln sie nach dem Motto der Naturparke: „Mensch und
Natur gehören zusammen“. Dankbar erinnern sie sich an den verstobenen
Kreiswegewart Alexander Baum aus Effelder, 1996 ebenfalls Teilnehmer des
ersten Lehrgangs, und unterstreichen: „Von ihm haben wir viel gelernt.“
Ihre eigene Jubiläumswanderung fand im Oktober 2021 statt: Von der
Urania Bildungsgesellschaft Eichsfeld waren sie angesprochen worden für
die Tour entlang des Mühlhäuser Landgrabens, einem Kulturdenkmal.
Eines liegt den beiden Kennern der heimischen Wälder und der gesamten
Region besonders am Herzen: „Ein großes Dankeschön möchten sie allen
Natur- und Wanderfreunden sagen, die im Eichsfeld zu Hause sind und
sogar bis aus Erfurt kommen. Ein Dankeschön für ihre langjährige Treue.
Denn was wären die Wanderführer ohne sie?!“
Die
zertifizierten Landschafts- und Naturführer Stefan Sander aus Küllstedt
(links) und Lothar Wandt (rechts) aus Brehme am Endpunkt der
Landgraben-Wanderung an der Dörnaer Warte in Bickenriede. (Foto: Christine Bose)
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Dorfkirche Siemerode erinnert an den Dom zu Quedlinburg
Herbstfest der Urania mit
Ortsbesichtigung in Siemerode Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Christine Bose vom 15.11.2021
Leinefelde (Eichsfeld).
Staunen bei den Teilnehmern des Dorfrundgangs am Sonnabend im Siemerode: „Die Kirche sieht ja aus wie ein Dom.“ Christian Thüne – er hatte die Führung übernommen – wusste von einem Pfarrer zu berichten, der einst so angetan war vom Dom zu Quedlinburg, dass die katholische Pfarrkirche St. Nikolaus in Siemerode Ähnlichkeiten aufweist. Das Portal des Gotteshauses stammt aus dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Teistungenburg.
Die Ortsbesichtigung war Teil des Urania-Herbstfestes. In der Gaststätte „Zum Vize-König“ trafen sich die Vereinsmitglieder sowie Referenten aus der Region und Umzugshelfer, befindet sich doch die Bildungsgesellschaft seit wenigen Wochen im neuen Leinefelder Domizil, in der Kunertstraße 7-9. In der Gaststätte hatte Christian Thüne eine Fotoausstellung aufgebaut, die einen Einblick in die Geschichte des Ortes ermöglicht.
Der 750. Jahrestag der urkundlichen Ersterwähnung 1236 war 1986 gefeiert worden. Viele Jahre lang führte Hans-Hermann Hütcher, Lehrer in Siemerode, die Chronik, hatte bei aktuellen Ereignissen stets den Fotoapparat dabei, akribisch Namen und Daten festgehalten. Nach seinem Tod hatte seine Witwe die Sammlung der Gemeinde geschenkt.
Karl-Josef Löffelholz, ehrenamtlicher Vorsitzender, verwies auf die verschiedenen Dörfer, die in der Vergangenheit als Treffpunkt für das alljährliche Fest gedient hatten, geht es doch darum, sich nicht nur in der Leinestadt zu versammeln. Er nannte Niederorschel, Uder, Wei-ßenborn-Lüderode und Küllstedt. In Siemerode, mit 700 Einwohnern größter Ortsteil der Einheitsgemeinde Hohes Kreuz – zu ihr gehören außerdem Bischhagen, Mengelrode und Streitholz – informierte Christian Thüne die Gäste. Als Ortsteilbürgermeister, als stellvertretender Bürgermeister der Einheitsgemeinde und nicht zuletzt als Präsident des Siemeröder Carnevalsvereins stellte er sein Dorf vor.
Der Weg führte unter anderem zum ehemaligen Hansteinschen Rittergut, zur St. Maria-Magdalena-Kapelle, zur alten Schule (heute Seniorenanlage für betreutes Wohnen „Alte Schule“) und zur Mariensäule. Sie konnte dank Eigeninitiative von Einwohnern restauriert werden. Erfreut erzählte der Ortsteilbürgermeister, immer mehr „Grenzwanderer“, zu Fuß oder per Fahrrad, würden auf ihren Touren den Weg durch Siemerode wählen.
Aus Mitteln der Dorferneuerung wurde der Friedhof umgestaltet. Für viele von außerhalb in die Gemeinde kommende Menschen sei der Friedhofsbesuch ebenso ein wichtiger Grund wie der Aufenthalt auf dem Sportplatz, merkte Christian Thüne an. Vorbei am Dorfteich, den sich seit einigen Jahren Teichhühner als Brutplatz ausgesucht haben, ging es zu einem schönen ¬öffentlichen Spielplatz. Instandgehalten und sehr gut gepflegt wird er von den Eltern der jüngsten Siemeröder.
Höhepunkt des Rundgangs war der Besuch der Heimatstube von Wenzel Albrecht: ein ganzes Haus als privates Heimatmuseum. Wieder am Ausgangsort angelangt, brachten viele Beteiligte begeistert zum Ausdruck, sie hätten bisher gar nicht gewusst, wie viel Sehenswertes das Dorf Siemerode bietet.
Christian
Thüne, Ortsteilbürgermeister von Siemerode und stellvertretender
Bürgermeister der Einheitsgemeinde Hohes Kreuz (erste Reihe in der
Mitte) führte die Gruppe durch sein Dorf.. (Foto: Christine Bose)
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Ortsumfahrung Kallmerode kostet etwa 250 Euro pro Quadratmeter
Die Ortsumfahrung Kallmerode soll im
November 2022, gut drei Jahre nach dem Spatenstich, dieVerkehrsfreigabe
erhalten. Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Eckhard Jüngel vom 04.10.2021
Leinefelde (Eichsfeld).Die Arbeiten an der Ortsumfahrung
Kallmerode liegen im Plan. Zwei Millionen Tonnen Erde und Gestein müssen
bewegt werden. Ein Baustellenbesuch.
Die Ortsumgehung Kallmerode soll im November
2022, gut drei Jahre nach dem Spatenstich, die Verkehrsfreigabe
erhalten. Momentan stellt sie sich dabei noch als grobe Schneise in der
Landschaft dar. Denn die Hauptaufgabe auf der Baustelle ist aktuell das
Abtragen von Erde und Gestein. So formen die arbeitenden Firmen den
zukünftigen Verlauf der Trasse immer weiter.
Den Fortschritt konnten sich nun
Interessierte genau anschauen. Die Urania Bildungsgesellschaft hatte
nämlich zur Baustellenbesichtigung eingeladen. Geführt wurden die
Teilnehmenden vom zuständigen Projektleiter und Baubevollmächtigten der
Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), Jürgen
Krause, dem ehemaligen Chefplaner des Straßenbauamtes Winfried Ludolph
und auch Mario Müller von der Firma Wolf und Müller aus Stuttgart
beantwortete als Oberbauleiter Fragen. Winfried Ludolph
beschäftigte sich, laut eigenen Angaben, bereits seit 1993 mit der
Planung einer Ortsumfahrung. Fünf Varianten seien untersucht worden,
wobei nur eine einzige davon auf der westlichen Seite lag. Dort hatten
aber Trinkwasserschutzzonen eine Umsetzung unmöglich gemacht.
Nach mehreren Klagen kam es am 1. Oktober 2019 dann zum offiziellen
Spatenstich, erinnerte sich der Planer. Vorher habe es nicht die
finanziellen Voraussetzungen gegeben und auch das Baurecht zu erhalten,
sei „kompliziert“ gewesen. Der Plan habe aber schon lange in der
Schublade gelegen. Im kommenden Jahr werde auch der Bau der Ortsumgehung
von Mühlhausen beginnen. Auch da war Winfried Ludolph planerisch
involviert. Nach seinen Ausführungen ging es für die Gruppe von der
Magdalenenkapelle in Birkungen auf die Baustelle. Dort empfing sie
Oberbauleiter Mario Müller. Er berichtete, dass insgesamt 900.000
Kubikmeter Erde und Gestein bewegt werden müssen. Das entspreche zwei
Millionen Tonnen oder 80.000 Lkws. „Wenn man die aneinanderreiht,
bekommt man eine Schlange von hier bis nach Moskau.“ Dafür sind unter
anderem zwei Großbagger mit 55 beziehungsweise 75 Tonnen Betriebsgewicht
im Einsatz. „Eigentlich ist es unüblich, sie im Verkehrswegebau zu
benutzen, aber das Gestein hier ist sehr hart“, so Mario Müller. 4000
bis 4500 Kubikmeter Erde und Gestein fördern sie am Tag. Um diese
Massen zu bewegen, sind täglich zehn bis zwölf Dumper im Einsatz. Sie
bringen den Überschuss an Boden zu einen zum Lärmschutzwall. Während an
manchen Stellen gut 15 Meter tief das Erdreich abgetragen wird, soll der
Lärmschutzwall Richtung Birkungen 14 Meter hoch werden. Da kommt der
überschüssige Boden also gerade recht. Der Rest wird zum nicht weit
entfernten Kalksteinbruch gefahren. Auf eine Wildbrücke oder
ähnliches angesprochen, berichtete Winfried Ludolph davon, dass
Wildschutzzäune mit extra Lücken vorgesehen seien, sogenannte
Wechselwarnanlagen. Diese sind mit Infraroterkennung ausgestattet.
Erkennt der Sensor eine Bewegung am Zaun, schickt er ein Signal und die
Autofahrer werden mit einem entsprechenden Zeichen darauf hingewiesen,
ihre Geschwindigkeit zu reduzieren. Das ganze Projekt umfasse ein
Auftragsvolumen von 21 Millionen Euro Netto für die Straßenbaufirma aus
Stuttgart, die auch für eines der vier Brückenbauwerke zuständig ist.
Insgesamt kostet die Ortsumgehung 37 Millionen Euro. Das entspreche,
laut Winfried Ludolph und Mario Müller, in etwa 250 Euro pro
Quadratmeter. Man liege gut im Zeitplan, sagte Jürgen Krause von der
Deges. „Trotz Corona und des nassen Wetters.“ Bei letzterem sei der
Maßnahme der feste Untergrund wieder zugute gekommen und man könne sich
glücklich schätzen, das die Bauwirtschaft von starken Einschnitten
während der Pandemie verschont geblieben war.
Die
Urania-Bildungsgesellschaft hatte zu einem Baustellenbesuch auf die
Ortsumgehung Kallmerode eingeladen. Bauverantwortliche beantworteten
Fragen.
Oberbauleiter Mario Müller von der Firma Wolf und Müller in
Stuttgart beantwortete auf der Baustelle der Ortsumfahrung Kallmerode
die Fragen der Anwesenden. Die Urania Bildungsgesellschaft Eichsfeld
hatte zu eine Begehung eingeladen.
21
Millionen Euro Netto umfaßt das Auftragsvolumen für den Straßen. Die
Urania Bildungsgesellschaft Eichsfeld hatte zu einer Begehung
eingeladen:
(Fotos: Eckhard Jüngel)
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Was haben Penicillin, Mikrowelle und Kreditkarte gemeinsam?
Professor Eberhard Ehlers aus Hessen spricht in Leinefelde über
zufällige Entdeckungen. Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Christine Bose vom 16.09.2021
Leinefelde (Eichsfeld).
Die Entdeckung Amerikas
1492, Kolumbus wollte den Seeweg nach Indien finden, das 1847 entdeckte
Nitroglycerin, das Penicillin, die radioaktive Strahlung, der Süßstoff
Saccharin, die Salbengrundlage Vaseline, der patentierte
Klettverschluss, die beliebten Klebezettel, die Teebeutel, die
Mikrowelle, die Kartoffelchips, die mit Teflon beschichtete Bratpfanne,
die Kreditkarte haben alle etwas gemeinsam: Sie sind Zufällen zu
verdanken, denn niemand hat gezielte Forschungen betrieben, um eben
genau dieses Ergebnis zu erreichen.
Professor Eberhard Ehlers aus Hofheim am Taunus hat mehr als 100
Beispiele aus verschiedenen Jahrhunderten für die Serendipität
gesammelt, von denen er einige ausgewählte am Dienstag zweimal
vorstellte: Zuerst für die Schüler der 9. Klassen des
Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gymnasiums der Leinestadt, deren
Aufmerksamkeit und Interesse ihn beeindruckten, am Abend bei der
Urania-Bildungsgesellschaft Eichsfeld, wo er von Karl-Josef-Löffelholz,
dem ehrenamtlichen Vorsitzenden, begrüßt wurde.
„Die Serendipität, im Englischen Serendipity, beschreibt den glücklichen
Zufall, der jemanden etwas entdecken lässt, wonach er eigentlich nicht
gesucht hat. Es ist die Kunst, etwas zu finden, ohne danach zu suchen“,
erläuterte der Wissenschaftler, der in Pharmazeutischer Chemie
promoviert hatte und bis zu seinem Ruhestand an der Goethe-Universität
Frankfurt/Main lehrte, eingangs den Begriff.
Für jedes Beispiel erklärte er, wem
diese Entdeckung zu verdanken ist und wie es dazu kam, gab einen kurzen
Einblick in das Leben der Frau oder des Mannes, in ihr eigentliches
Forschungsziel. Nicht immer waren es Gelehrte, die von sich reden
machten. So ist die Erfindung der Kreditkarte einem
amerikanischen Unternehmer zu verdanken. Frank McNamara war 1949 bei
einem Geschäftsessen in New York in eine peinliche Situation geraten,
hatte er doch vergessen, Geld mitzunehmen. Weil er kein zweites Mal in
eine solch missliche Lage geraten wollte, suchte er für die Zukunft nach
einem Ausweg. Mit Erfolg. Bei einem gegen Bluthochdruck
entwickelten Medikament soll als „positive Nebenwirkung“ die Förderung
des Haarwuchses auf männlichen Häuptern beobachtet worden sein. Doch
dämpfte der Referent sogleich jeglichen Optimismus, die ungewollte
Glatze nun für immer loszuwerden. Denn sofort nach Absetzen des
Medikamentes wären die kahlen Stellen wieder dagewesen. Bei Nennung
des Namens Isaac Newton (1642-1727), dem berühmten Physiker, und – damit
im Zusammenhang – beim Stichwort Gravitationsgesetz denken viele
Menschen sicher zuerst an den Apfel, der vom Baum fiel. Nicht nur in
Zeiten von Covid-19, so Professor Ehlers, seien Universitäten und
Schulen vorübergehend geschlossen worden. Als die Universität Cambridge
wegen des Ausbruchs der Cholera ihren Lehrbetrieb einstellen musste,
traf das auch Isaac Newton und führte zufällig zur Entdeckung des
Gravitationsgesetzes. Im Garten seiner Eltern hatte er sich unter einen
Apfelbaum gelegt – und dann war ein Apfel hinunter ins Gras gefallen.
Im Jahr 2019 hatte der Gast aus Hessen erstmals vor Leinefelder
Gymnasiasten und vor Urania-Interessenten gesprochen, damals zum Thema
„150 Jahre Periodensystem der Elemente“. Angesichts des großen Zuspruchs
damals und in diesem Jahr versprach er beim Abschied, 2022
wiederzukommen, dann mit Vortrag „Pechvögel in Wirtschaft und
Wissenschaft“. Übrigens war es kein Zufall, dass sich Karl-Josef
Löffelholz mit Eichsfelder Wurst bedankte, denn er konnte sich noch sehr
gut daran erinnern, wie sehr sich der Gast vor zwei Jahren darüber
gefreut hatte.
Professor
Eberhard Ehlers aus Hessen sprach bei der Urania Bildungsgesellschaft
Eichsfeld über die Rolle des Zufalls bei Entdeckungen. (Foto: Christine Bose)
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Eichsfelder Wollweber im "Ausland"
Günter Liebergesell verrät: Wad den
Ort Friedrichlohra im Landkreis Nordhausen mit der hiesigen Region
verbindet Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Christine Bose vom 19.08.2021
Leinefelde (Eichsfeld).
Was hat Friedrichslohra mit dem Eichsfeld zu tun? Wer eine Antwort suchte, war gut beraten, am Dienstag zur Urania Bildungsgesellschaft Eichsfeld zu kommen.
Deren Vorsitzender Karl-Josef Löffelholz begrüßte als Referenten Günter Liebergesell, den Vorsitzenden des Heiligenstädter Geschichts- und Museumsvereins.
Allen Gästen, die am Ende seiner Ausführungen in einer lebhaften Diskussion immer noch mehr wissen wollten, gab Liebergesell mit auf den Weg: Es sei wegen der Fülle
der historischen Dokumente nicht einfach gewesen, sich für einen abendlichen Vortrag zu beschränken.
Friedrichslohra im Landkreis Nordhausen, 1776/1777 erstmals urkundlich erwähnt als Gründung des Preußenkönigs Friedrich der Große, ist heute ein Ortsteil von Großlohra.
Die Lage der Burg Lohra auf einem Bergsporn der Hainleite hatte große strategische Bedeutung: Die alte Heerstraße zwischen Sachsen und Thüringen nahm den Verlauf
Braunschweig, Goslar, Osterode, Duderstadt, Worbis, Sollstedt, Lohra, Ebeleben, Erfurt, Nürnberg.
Auf Befehl Friedrichs des Großen erfolgte 1776 unterhalb der Burg die Errichtung einer Kolonie, also einer Siedlung, bestehend aus 58 „Kolonistenwohnungen“, einer
katholischen Kirche, einem Pfarrhaus, einer Schule, einer Gemeindeschänke und einem Backhaus. Im Herbst 1777 hielten die Kolonisten – katholische Wollweber aus dem
Eichsfeld – mit ihren Familien Einzug. Für sämtliche betreffende Wollweber kann Liebergesell die Namen und die Herkunftsdörfer nachweisen.
Der Grund für die Ansiedlung: Zwar gab es im preußischen Bleicherode ein großes Wollgeschäft. Doch fehlte es an Fachleuten zu Verarbeitung der Wolle. Sie wurde ins
Eichsfeld gebracht, wofür aber Zoll entrichtet werden musste, denn das Eichsfeld gehörte zu Mainz. Diese Kosten sollten eingespart werden. Günter Liebergesell verwies
darauf: „Wenn wir heute lesen oder hören, ein Teil dieser eichsfeldischen Weber habe vor dem Umzug in die Kolonie eine kriminelle Vergangenheit gehabt, dürfen wir nicht
an Mord oder Totschlag denken.“ Als kriminell galt man einst sogar für den Diebstahl eines halben Brotes. Der Alte Fritz war Hauptabnehmer des aus Wolle hergestellten
Tuchs für die Uniformen seiner Soldaten. Und: Nicht alle sollen vom Zuzug der in ihren Augen ungebetenen Fremden katholischen Glaubens begeistert gewesen sein. Der
eigenartig anmutende heutige Straßenname „22er Straße“ deutet darauf hin, dass hier bereits 1774 für evangelische Arbeiter 22 Häuser als Arbeiterkolonie erbaut worden waren.
Günter
Liebergesell aus Heiligenstadt ist begeisterter Geschichtsforscher und
Schriftsteller. Jetzt hat er sich mit den Eichsfelder Wollwebertn in
Friedrichlohra beschäftigt. (Foto: Christine Bose)
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Auf der Suche nach dem südlichsten Punkt des Eichsfeldes: Wo die
Katholiken einst schweigen mussten
Exkursion führt Wanderer zum bisher
umstrittenen südlichsten Punkt des Eichsfeldes. Quelle: Thüringer
Allgemeine, Eichsfelder Allgemeine von Reiner Schmalzl vom 05.09.2021
Südeichsfeld. Vollenborn gilt als der östlichste Ort des historischen Eichsfeld. Der
nördlichste Punkt befindet sich bei Lindau und damit im niedersächsischen
Landkreis Northeim. Am westlichsten gelegen ist das Dorf Neuseesen, das im
Zuge des Gebietsaustausches mit dem Wanfrieder Abkommen vom September 1945
nach Hessen wechselte.
Lediglich der südlichste Punkt des Eichsfelds ist umstritten. Um dieser Frage
genau nachzugehen, waren am Wochenende von Heyerode aus mehr als 40 Ausflügler
zu einer spannenden Exkursion aufgebrochen.
Dass es sich bei dem Grenzstein gegenüber der Heyeröder Untermühle an der
Landstraße nach Hallungen auch um den südlichsten Zipfel des Eichsfeld
handelt, ist eine weit verbreitete Annahme. Dies konnte der Heimatkundler
Stephan Goldmann aus Diedorf widerlegen, nachdem er die Teilnehmer der von der
Urania-Bildungsgesellschaft Eichsfeld organisierten Tour etwas weiter
südöstlich in das Unterholz führte.
Denn dort stehen – ziemlich versteckt – noch drei weitere große Wappensteine aus
dem Jahr 1784, als die Grenzlinie zwischen dem Fürstentum Sachsen-Gotha-Coburg und
dem mainzischen Kurfürstentum Eichsfeld markiert worden war.
Die Besonderheit jener seltenen Grenzsteine ist die Tatsache, dass mit dem Wechsel
zu Preußen 1802 und 1816 die jeweiligen Wappen mit den sächsischen Schwertern
beziehungsweise Rauten und dem Mainzer Rad erhalten geblieben sind.
Als das Eichsfeld damals in das Königreich Preußen eingegliedert worden war,
musste auf Veranlassung der preußischen Regierung auf den Grenzsteinen das kurmainzische
Rad herausgeschlagen werden, erinnerte Goldmann. Einige Steinmetze hätten sich dem jedoch
widersetzt, verschonten also die Wappen und haben lediglich über Initialen „SG“ für das
Herzogtum Sachsen-Gotha „KP“ für Königreich Preußen darüber gemeißelt.
Der etwa 1,2 Kilometer lange Abschnitt war zugleich die kürzeste Grenzlinie des Eichsfeldes
zu einem anderen Staat in damaliger Zeit und bildet heute die Grenze zwischen dem Eichsfeld
und dem Wartburgkreis.
Weiter südwestlich in der Heyeröder Flur „Auf dem Höhrain“ zur Gemarkung Schierschwende und
damit als Abgrenzung zur einstigen Ganerbschaft Treffurt befindet sich ein weiterer Grenzstein,
der als südlichster Punkt des Eichsfeldes in Frage kommen könnte. Auch hier hat der Urania-Vorsitzende
Karl-Josef Löffelholz zunächst die geografischen Koordinaten erfasst, bevor die Expedition weiter ging.
Und zwar zu der etwa 270 Jahre alten Linde an der Gemarkungsgrenze von Wendehausen nach Treffurt.
Die Messung ergab hier, dass jene Stelle den südlichsten Punkt des Eichsfeldes markiert.
Wendehausen zählt zwar nicht zum historischen Eichsfeld, gehörte jedoch bis 1802 zur ehemaligen
Ganerbschaft Treffurt, die zu je einem Drittel dem Erzbischof vom Mainz, den sächsischen Kurfürsten
und den hessischen Landgrafen gehörte. Somit unterstand Wendehausen im kurmainzischen Amt Treffurt
dem Eichsfelder Staat und blieb im Gegensatz zu den anderen Gebieten katholisch.
„Wenn diese Linde erzählen könnte“, meinte Stephan Goldmann zu überlieferten Anekdoten. Denn bei
ihren Prozessionen nach Walldürn (Baden-Württemberg) durch das Tal des Haselbachs mussten die
Eichsfelder an der Schwelle zum protestantischen Gebiet jeweils ihre Kirchenfahnen einrollen
und das Singen katholischer Lieder unterlassen.
Eine
mächtige Linde markiert hinter Wendehausen den südlichsten Punkt des
Eichsfeldes, wo sich Exkursionsteilnehmer zu einem Erinnerungsbild
stellten. (Foto: Reiner Schmalzl)
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